Samstag, 15. September 2012

Der ideale Mann im Burgtheater

Eine brillante Idee von Elfriede Jelinek, Oscar Wildes Gesellschaftskomödie "Ein idealer Gatte" aus dem 19. Jahrhundert in die Gegenwart zu transferieren und an bekannte Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens anzupassen. Das Ergebnis ist ein sprachliches Feuerwerk, das so viele Wortspiele und Zweideutigkeiten in atemberaubendem Tempo Richtung Publikum schießt, dass ich ständig das Gefühl hatte, eine Pointe nicht zu lange genießen zu dürfen oder gar darüber nachzudenken, weil ich sonst die nächste schon wieder verpasse. Dieses Fest für text-affine Menschen wurde noch dazu von gut gelaunten Schauspielern gefeiert, sodass ich 80 % des Abends wirklich sehr genossen habe. 20 % fand ich entbehrlich, da die Inszenierung besonders im ersten Teil nach der Pause einen Abstecher Richtung Löwingerbühne macht, auf den ich gerne verzichtet hätte. Ich kann die Intention der Regie hier nicht nachvollziehen, denn dieses Stück ist so kurzweilig, intelligent und witzig, dass grimassierende, hysterisch herumspringende Akteure unter seiner Würde sind. Wieso muss im Burgtheater in letzter Zeit bei Komödien immer so auf die Tube gedrückt werden, wenn die feine Klinge des Textes und das gute Pointentiming der Darsteller ohnehin bestens unterhalten?

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